Ehemaliger Parteischulkomplex der SED Erfurt

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Werner-Seelenbinder-Straße 14, 99096 Erfurt

Ursprüngliche Nutzung

Öffentliche Gebäude - Bildungseinrichtung

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Gebäudezustand

Kategorie

Herausragendes Konzept

Objekt-Nr.

628

Ort

Werner-Seelenbinder-Straße 14, 99096 Erfurt auf Karte anzeigen

Beschreibung

Die Sanierung und Umnutzung des ehemaligen Parteischulkomplexes der SED im Süden Erfurts wurde als besonders vorbildliches und engagiertes Denkmal-Projekt mit dem Thüringer Denkmalschutzpreis im Jahr 2024 ausgezeichnet.

Baujahr

1946 - 1990

Nutzung

Derzeitige Nutzung

Ein regelrechter Glücksfall für den Gebäudekomplex war der nun ausgezeichnete Investor Andreas Müller – mit einem Faible für das noch junge und trotzdem bereits historische Ambiente – und auch der Umstand, dass er mit der Generalzolldirektion einen aufgeschlossenen und verständigen Dauernutzer fand. Dessen Raumanforderungen waren zudem fast identisch mit dem Bestand. Die erheblichsten Veränderungen brachte der Zubau von fast 130 Schülerappartements, für die die verantwortlichen Projektarchitekten Behzadi + Partner gemeinsam mit der Denkmalschutzbehörde verträgliche Stellen am Komplex fanden. So bekam der rückseitige Seminarflügel einen Verlängerungsanbau und eine dezente Aufstockung. Gewahrt blieb die skulpturale Großform aus flachen Gebäuderiegeln und Vertikalakzenten, um die herum entstehungszeitlich eine anspruchsvolle Parkanlage – unter anderem mit opulenter Springbrunnenkaskade – angelegt worden war. Die einzelnen Gebäudeteile und -fassaden werden von einem nun erneuerten weißen Anstrich zusammengehalten, wovon auch die seriellen plastischen Fassadenelemente profitieren, die allenthalben die industriell hergestellte Architektur nobilitieren sollten – am augenscheinlichsten am Audimax-Kubus über dem Haupteingang mit blauen Email-Kacheln, aber auch an den Stirnseiten der zwölfgeschossigen Internats-Scheibe. Dort mit kräftig facettierten Betonformformelementen. Insgesamt wurden die Fassadenoberflächen sehr weitgehend authentisch (materiell) erhalten – selbst plastene Attikaverkleidungen und alle Aluminiumfensterelemente – wodurch sehr viel historische Aura erlebbar blieb. Seit sehr vielen Jahren verblasst war die nun wiederhergestellte, farbige Gestaltung des Apartmenthochhauses. Es wurde im Rahmen der Sanierung, begrenzt auf die Längsseiten und mit einer nachträglichen äußeren Dämmung versehen, die minutiös das Fassadenrelief der „Platte“ nachbildet, einschließlich aller Nuten und Faschen. Die bewahrte Gesamtwirkung des Ensembles setzt sich im Inneren fort: In den Kernbereichen, z. B. im Foyer, in der Mensa und im Klubraum „Vilniuszimmer“, wurden die Oberflächenmaterialien und Teile des Mobiliars liebevoll aufgearbeitet. Wo Substanzerhaltung unmöglich war, wie bei Teilen der Deckenelemente in den Lektionssälen und in der Mensa, wurden über 2000 solcher Elemente vor Ort nachgegossen und eingebaut. Im Audimax wurde das originale Gestühl nur leicht angepasst, um Forderungen des Brandschutzes, der Rollstuhlgerechtigkeit und des Lehrbetriebes des „Bildungs- und Wissenschaftszentrums“ gerecht zu werden. Fast 500 Zollschüler absolvieren hier jedes Semester ihre theoretische Ausbildung. Vielfältige Flächen für Freizeit- und Sportaktivitäten sowie 430 Apartments stehen nach der Fertigstellung der Zubauten im nächsten Jahr bereit.

Ursprüngliche Nutzung

Der lebendige Lern- und Geschichtsort „Alte Partei-, neue Zollschule“ galt lange als heikles und umstrittenes Erb-Stück: Von 1969 bis 1972 als Internatsschule für die innerparteiliche Kaderbildung der SED im Bezirk Erfurt erbaut und bis 1990 als solche betrieben, nutzte sie das Land Thüringen danach vor allem als Interim für die neu gegründete Fachhochschule. Zunehmend in den Nullerjahren zog in den klosterartigen Komplex mit Lehr- und Internatsgebäuden ein bunter Nutzungsmix ein. Tagungen, Konzerte, Discos, Flohmärkte, kurzes und langes Wohnen sowie diverse andere Einmietungen machten den Ort zu einem offenen Haus und ließen es in einem neuen, ideologiefreien Licht erscheinen. Die pragmatische Weiternutzung erforderte fast keine Veränderungen. Selbst Leuchter, Tapeten, Vorhänge, Mobiliar und sogar Essbesteck der Mensa waren zu großen Teilen geblieben. In Anbetracht des anderswo rasanten Verschwindens war hier der Eindruck einer regelrechten „Zeitkapsel“ entstanden.

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